Die Grünen als reaktionärste Kraft im Bundestagswahlkampf 2021

Die Grünen als reaktionärste Kraft im Bundestagswahlkampf 2021

DKP-Brandenburg, Referat 22.05.2021

 

Liebe Genossinnen und Genossen,
mit der Bundestagswahlkandidatur der DKP stehen wir als Partei mehr als in anderen Zeiten vor der Aufgabe, in der Öffentlichkeit um unsere Positionen darzulegen – Wahlen eben als Bühne in der Agitation zu nutzen. Bei dieser Agitation geht es aber nicht nur darum, einen Katalog richtiger Forderungen aufzustellen, der die Interessen der Werktätigen im Allgemeinen – fernab der konkreten Kampfetappe – zum Ausdruck bringt.

Die Kunst der Agitation – nicht nur in Wahlkämpfen – besteht in der Konzentration auf die neuralgischen Punkte des Klassenkampfes in einer konkreten historischen Etappe. Ohne Klarheit und Einigkeit in dieser Bestimmung der Etappe kann eine Agitation nicht greifen, wird sie zahnlos, ist im besten Falle ermüdend und im kann schlimmsten Falle vom Klassengegner missbraucht werden. Ich halte es in dieser Frage für äußerst wichtig, sich der Verantwortung einer Kommunistischen Partei bewusst zu sein: Wenn die Kommunistische Partei dem Anspruch gerecht werden will, organisierter Ausdruck der bewusstesten Teile der Arbeiterklasse zu sein, muss sie eben in der Lage sein, die Agitation – die Losungen und Forderungen – in eine antimonopolistische Stoßrichtung in einer bestimmten Klassenkampfsituation zu bündeln. Das setzt wiederum eine theoretische Auseinandersetzung mit den Kräfteverhältnissen im Klassenkampf entlang unserer Programmatik voraus, um eine agitatorische „Punktlandung“ zu setzen. Heute geht es mir nicht um diese „Punktlandung“, sondern um die notwendige Vorarbeit.

Kennzeichnend für ein antimonopolistische, antiimperialistische und antifaschistische Ausrichtung im Bundestagswahlkampf muss die Antwort auf die Frage sein:
Welche politische Kraft – konkret: welche Partei – ist die reaktionärste Kraft, gegen die der Hauptstoß zu richten ist?

Meine These lautet:
Bei der Bundestagswahl 2021 ist die Grüne Partei die reaktionärste Kraft, gegen die sich der Hauptstoß unserer antimonopolistischen, antifaschistischen und antiimperialistischen Agitation richten muss.

Ich möchte dabei gleich zu Beginn betonen, um Missverständnissen vorzubeugen: Damit behaupte ich weder, dass es keine anderen reaktionären Kräfte gibt, und es versteht sich eigentlich von selbst, dass ich damit natürlich auch nicht meine, alle anderen Parteien von AfD, Unionsparteien, SPD und FDP wären potenzielle antimonopolistische Bündnispartner. Ihre Wähler und mitunter auch Mitglieder können es schon sein.

Zur Begründung dieser zentralen These möchte ich zunächst eine scheinbare Selbstverständlichkeit in unserer Partei klären: Was heißt eigentlich „reaktionär“ bzw. „Reaktion“? Dazu eine Definition aus dem Kleinen Politischen Wörterbuch (KPW) von 1967:

Reaktion ist im „politischen Sinne gesellschaftlicher, militärischer und ökonomischer Widerstand historisch überlebter Klassen (…) gegen die aufsteigenden Klasse, (…) vor allem gegen die Arbeiterklasse. Die Hauptkraft der Reaktion (…) ist gegenwärtig die historisch überlebte Monopolbourgeoisie, insbesondere die aggressivsten imperialistischen Kreise der USA und der BRD. Zu ihren Mitteln muss man sowohl die Politik der Stärke und Konfrontation, die aggressiven Militärbündnisse [wie z.B. NATO aber auch EU] und die forcierte Aufrüstung [z.B. nach NATO-Kriterien], konterrevolutionäre Verschwörungen [z.B. in Belarus], Militärputsche und Staatsstreiche [wie in der Ukraine], wirtschaftliche Blockaden und Erpressungen [wie die Blockade von Nord Stream 2], die Methoden des Neokolonialismus [wie z.B. EU-Handelsverträgen mit afrikanischen Staaten], die Anzettelung begrenzter Kriege [Jugoslawien, Irak, Afghanistan, Libyen, Ukraine, Syrien] (…) rechnen.

Ich habe so ausführlich zitiert, weil das KPW hier m.E. sehr konkrete Anhaltspunkte liefert, an welchen Instrumenten die reaktionärsten Kräfte zu erkennen sind, und bin der Meinung, dass sie bis heute Bestand haben, wenngleich sie sich im letzten halben Jahrhundert natürlich weiterentwickelt haben.

Wenn wir diese Instrumente in dem politischen Profil einer Partei heute wiederentdecken wollen, halte ich es im zweiten Schritt für notwendig, sich den Charakter – das Spezifische – der aktuellen Etappe des Klassenkampfes im Weltmaßstab ins Gedächtnis zu rufen.

Das Charakteristikum der momentanen Etappe besteht darin, dass wir drei Jahrzehnte nach der Zerschlagung des sozialistischen Lagers in Osteuropa und der damit einhergehenden empfindlichen Schwächung des antiimperialistischen Lagers mit einer nahezu ungehinderten Offensive der Monopolbourgeoisie im Weltmaßstab nun eine qualitative Verschiebung der Kräfteverhältnisse erleben im Klassenkampf. Die Etappe der ungehinderten Monopoloffensive ist beendet und es deutet sich politisch, ökonomisch und militärisch eine Verschiebung des
Kräfteverhältnisses an, mit dem geschwächten imperialistischen Lager auf der einen Seite und einem gestärkten antiimperialistischen Lager auf der anderen Seite mit der Volksrepublik China im Zentrum und der Russischen Föderation als engen Partner. Diese Kräfteverschiebung drückt der gesamten Etappe, in der wir uns befinden, ihren Stempel auf – mit allen Chancen, die sich für fortschrittliche Kämpfe ergeben. Aber natürlich auch mit allen Gefahren, die sich als Herausforderung für den Friedenskampf ergeben. Denn die historischen Erfahrungen zeigen
deutlich, dass das imperialistische Lager in keiner Weise bereit sein wird und nicht bereit sein kann, den Verlust seiner uneingeschränkten Hegemonie – seiner Vorherrschaft – kampflos hinzunehmen. Von zentraler Bedeutung ist deshalb für die reaktionärsten und aggressivsten Kräfte der internationalen Monopolbourgeoisie eine Strategie, die die Aggression (dazu zählen neben militärischen auch politische und ökonomische Mittel) gegen China und Russland in den Mittelpunkt stellt. Die Strategie ist von der Bereitschaft gekennzeichnet, alle wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereiche (z.B. die Energiesicherheit) auf dem Rücken der werktätigen Bevölkerung im Interesse
der Monopolbourgeoisie zu mobilisieren. Dabei kommt der Unterstützung der absteigenden aber immer noch führenden Kraft im imperialistischen Lager – dem US-Imperialismus – eine zentrale Bedeutung zu für die deutsche Monopolbourgeoisie. Denn wenn die Macht des US-Imperialismus gebrochen ist, wird dies auch die Verbündeten und gleichzeitigen Konkurrenten des US-Imperialismus mit in den Abgrund der Bedeutungslosigkeit ziehen. Es ist also durchaus zutreffend, der herrschenden Klasse in Deutschland eine „Vasallentreue“ gegenüber dem transatlantischen Bruder zu attestieren. Man darf dabei nur nicht dem Trugschluss erliegen, die deutsche Monopolbourgeoisie handele dabei uneigennützig bzw. verliere dabei auch nur einen Moment ihre eigenen ökonomischen Interessen gegenüber der US-Monopolbourgeoisie aus dem Blick bei der Bekämpfung der Hauptgegner: China und Russland. Das heißt „Kampf und Einheit der Gegensätze“ in Bezug auf zwischenimperialistische Widersprüche heute. Dieses Verhältnis in der kommunistischen Bewegung bestimmen zu wollen, ohne sich die realen ökonomischen und militärischen Potenzen vor Augen zu führen, ist eine idealistische Spiegelfechterei im leninistischen Gewand.

Liebe Genossinnen und Genossen
Wie lässt sich nun die Politik der Grünen in diese Etappe einordnen?
Ihre Bundeskanzlerkandidatin Annalena Baerbock skizziert dies im Interview mit der Frankfurter Sonntagszeitung folgendermaßen:
Ein „anderer Umgang mit autoritären Regimen ist für mich in einer künftigen Bundesregierung eine Schlüsselfrage. Wir sind gerade in einem Wettstreit der Systeme: autoritäre Kräfte versus liberale Demokratien.
Dabei gehe es neben Russland „auch um China. Das Projekt der Neuen Seidenstraße mit seinen weltweiten Direktinvestitionen in Infrastruktur oder Energienetze besteht nicht nur aus Nettigkeiten. Das ist knallharte Machtpolitik. Da dürfen wir uns als Europäer nichts vormachen.“

Baerbock befindet sich hier also in völliger Übereinstimmung mit den Hauptzielen der reaktionärsten aggressivsten Kräfte, wenn sie Russland und China zum ‚System-Rivalen‘ – also nicht nur wirtschaften Konkurrenten – erklärt. In diesem „Wettstreit der Systeme“ auf setzt Baerbock auf ein Konzept von „Härte und Dialog“. Das ist ein Konzept, welches z.B. das NATO-Konzept von 1967 – also mitten im ‚Kalten Krieg‘ gegen das sozialistische Lager – in puncto Konfrontation weit hinter sich lässt. Da war noch die Rede vom NATO-Konzept „Sicherheit und Entspannung“.

Was dabei die Grünen unter „Härte und Dialog“ verstehen zeigt ein Blick auf die aktuellen Aussagen im Bundestagswahlkampf.

So setzen die Grünen insbesondere auf eine Stärkung der EU – ökonomisch, politisch aber natürlich auch militärisch. Baerbock hat sich jüngst bereits für „robuste europäische Militäreinsätze“ stark gemacht. Auf ihrer Webseite umschreibt sie dies wie folgt:

Der „Handelskonflikt zwischen den USA und China und die aggressive Außenpolitik Russlands bedrohen nicht nur die Sicherheit und Prosperität Europas, sondern verändern auch die Internationale Ordnung grundlegend. Die EU darf dabei nicht nur Zaungast sein. Wir müssen sie stärken, damit sie gegenüber den Großmächten Bestand haben und unsere Werte und Überzeugungen verteidigen kann, wir müssen das transatlantische Bündnis stärken und gleichzeitig mehr internationale Verantwortung übernehmen.“

Bei diesem Zitat darf man sich nicht beirren lassen: Was wie eine „europäische Emanzipation“ gegenüber den USA klingt, heißt im Endeffekt nur: Das NATO-Bündnis – also auch die Führerschaft der USA – ist zu sichern, indem die EU die Aggression gegen Russland – insbesondere an seinen westlichen Grenzen – erhöht im Sinne des transatlantischen Bündnisses unter Führung des US-Imperialismus. Diese Ausrichtung wird später noch deutlicher. Im Entwurf des Bundestagswahlprogramms der Grünen werden diese dann auch konkreter, wenn sie schreiben:
„Anstatt immer mehr Geld in nationale, militärische Parallelstrukturen zu leiten, sollte die verstärkte Zusammenarbeit der Streitkräfte in der EU ausgebaut, sollten militärische Fähigkeiten gebündelt und allgemein anerkannte Fähigkeitslücken geschlossen werden. Dafür ist eine geeignete Ausstattung, der Ausbau von EU-Einheiten sowie eine Stärkung und Konsolidierung der gemeinsamen EU-Kommandostruktur nötig.“ Und weiter heißt es: „Die EU und ihre Mitgliedstaaten müssen selbst mehr außen- und sicherheitspolitische Verantwortung übernehmen. Das gilt insbesondere für die Sicherheit der östlichen Nachbarländer der EU wie auch der baltischen Staaten und Polens.“ Dies  heißt im Klartext: Die EU – mit Deutschland als Hegemon – weiter an den Grenzen zu Russland aufzurüsten, wie es derzeit schon passiert. Dies geschieht im Rahmen einer weltweiten NATO-Arbeitsteilung.

Genau dieser Linie folgend lesen sich dann auch folgende Aussagen im Entwurf des Bundestagwahlprogramms der
Grünen wie z.B.:

  • Die Forderung, das Vetorecht im UN-Sicherheitsrat abzuschaffen, um damit Militäreinsätze mit UN-Mandat
    durchsetzen zu können.
  • Die Aussage: „In Osteuropa streiten viele mutige Menschen in Ländern wie
    Armenien, Georgien, der Ukraine oder Belarus für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte. Wir
    unterstützen die demokratische Zivilgesellschaft und unabhängige Medien in den östlichen Nachbarländern.“ Wir
    reden hier also über Methoden der politischen Diversion gegenüber anderen Ländern mit Ansage.
  •  Nicht nur die Beibehaltung, sondern ggf. auch die Verschärfung der Sanktionen gegen Russland aber ggf. auch gegen China im Deckmantel „der Menschenrechte“ – das zentrale und wiederkehrende Moment in der grünen Ideologie zur Rechtfertigung ihrer Aggressionspolitik nach außen und innen.

Im Mittelpunkt dieser Sanktionspolitik steht dabei sicherlich das im Wahlprogrammentwurf festgehaltene Alleinstellungsmerkmal der Grünen: Die strikte Absage an die Fertigstellung und Inbetriebnahme der Gaspipeline Nord Stream 2. Diese konsequente Ablehnung ist aufschlussreich, weil sie zweierlei zeigt:

  1.  Während selbstverständlich auch andere Parteien im Dienste der Monopolbourgeoisie sich für Sanktionen gegen Russland aussprechen (und eine Aufrüstung gegen Russland nicht nur befürworten, sondern in der Regierung auch organisieren), gibt es im Bundestag keine andere Partei, die derart geschlossen, umfassend und nachdrücklich darauf orientiert, Nord Stream 2 zu stoppen. Im Vergleich dazu sind z.B. Union und SPD tunlichst darauf bedacht, trotz aller transatlantischen Treue, an Nord Stream 2 festzuhalten. In der Grünen Führungsriege war Trittin in der zweiten Reihe einer der letzten, der Nord Stream 2 keine Komplett-Absage erteilen wollte. Auch er hat seine Position mittlerweile revidiert und würde beim Wahlsieg seiner Partei ohnehin keine Rolle spielen. Ähnlich ist die Geschlossenheit auch bei den Russland-Sanktionen: Selbst in der Union gibt es nicht unbedeutende Stimmen wie den sächsischen Ministerpräsidenten Kretschmer, der sich in der Vergangenheit für die Aufhebung von Russland-Sanktionen aussprach. Eine solches Meinungsspektrum wird bei den Grünen NATO-Falken nicht geduldet.
  2. Die konsequente Ablehnung von Nord Stream 2 zeigt noch etwas Weiteres: Keine andere Partei ist derart vehement bereit, eigene nationale Interessen hintenanzustellen. Dabei geht es um Interessen, die nicht nur die herrschenden Klasse, sondern auch die Interessen der Arbeiterklasse berühren. Bei Nord Stream 2 ist dies z.B. die Frage der Energiesicherheit, die sich für jedes Land – auch ein sozialistisches – stellt, aber in einem imperialistischen Land wie Deutschland natürlich einen spezifischen Ausdruck findet: Eine mögliche Energieverknappung würde und wird hier auf die Arbeiterklasse abgewälzt in Form steigender Energiekosten. Das befördert wiederum verstärkt Formen der Energiearmut, die hierzulande als überwunden galten: also das Frieren im Winter, um Heizkosten zu sparen. Wer in dieser Frage behauptet, das sei eine maßlose Unterstellung gegenüber den Grünen, der sei daran erinnert, dass die Grünen an der Regierung mit der Einführung des Hartz-IV-Systems genau diese Politik betrieben haben gegen ALG-II-Empfänger. Warum sollten sie also jetzt davor zurückschrecken?

 

Wie weit die Grünen bereit sind zu gehen, um die Interessen des imperialistischen Lagers unter Führung des US-Imperialismus durchzusetzen, zeigt in diesem Zusammenhang auch das Agieren der Grünen in der Berliner Landesregierung in Bezug auf die Bekämpfung des Coronavirus.  Unabhängig von der Frage, welche Bedrohung vom Coronavirus ausgeht, wäre es in der Logik einer Partei, die sich bei jeder Gelegenheit für verschärfte Infektionsschutz-Verordnungen stark gemacht hat (und auch dafür auch im Bundestag gestimmt hat), konsequent, wenn sie in der Frage der Impfung alles daran setzen würde, der Bevölkerung eine ausreichende Menge aber auch entsprechende Auswahl an Impfstoffen zur Verfügung zu stellen. Ohne jetzt die Glaubensfrage auszufechten, wie sicher ein mRNA-Impfstff Biontech oder auch der Vektorimpfstoff AstraZeneca sind, dürfte doch auf der Hand liegen, dass ein breites Angebot an Impfstoffen – insbesondere bewährter wie dem russischen  Vektorimpfstoff Sputnik V – die Impfbereitschaft in der Bevölkerung erhöhen würde (ohne Nicht-Geimpfte zu Bürgern zweiter Klasse erklären).  Das ist aber nicht die Logik der Berliner Grünen: Diese legten im Berliner Senat ihr Veto gegen eine Bestellung des Impfstoffes Sputnik V ein. Ihr Hauptargument: Solange sich die Bedingungen für den NATO-Provokateur und Nationalisten Nawalny im russischen Gefängnis nicht verbessern würden, könne der russische Impfstoff nicht bestellt werden. Ergo: Während die Grünen Jedem Menschenfeindlichkeit bis hin zum Antisemitismus (siehe Wahlprogramm) attestieren, der mit der Corona-Lockdownpolitik nicht  einverstanden ist, zeigen die Grünen in Berlin: Wenn es darum geht, den Druck des imperialistischen Lagers auf Russland aufrechtzuerhalten,  ist für die eigene Bevölkerung – Corona hin, Corona her – jede Belastung zumutbar. Das ist in dieser Ausprägung eine Aggressivität auf dem  Rücken der Werktätigen, bei der wiederum weder der SPD- Koalitionspartner in Berlin noch der bayrische CSU-Ministerpräsident Söder mitkommen, die sich für eine Bestellung von Sputnik V aussprechen – natürlich in dem Wissen, dass dieser zumindest nicht rechtzeitig  kommen wird, weil die EU Sputnik V aus den gleichen Gründen wie die Grünen in absehbarer Zeit die Zulassung verweigern wird.

Liebe Genossinnen und Genossen,
wie ich eingangs mit dem Zitat aus dem KPW deutlich gemacht habe, ist eine Politik, die den Interessen der aggressivsten imperialistischen Kreise entspricht, ein zentrales Kriterium zur Bestimmung der reaktionärsten Kräfte. Nun kommt man bei den Grünen nicht umhin einzuräumen, dass sie mitunter auch Töne anschlagen, die nach Friedenspolitik klingen. So sprechen sie sich im Wahlprogrammentwurf für Abrüstung aus oder es ist die Rede ist von einem „Deutschland frei von Atomwaffen“. Dass die Grünen ihr eigenes Geschwätz nicht  interessiert, zeigt dabei die jüngste Forderungen von Robert Habeck, Waffen an die Ukraine zu liefern – mit einer anschließenden würdelosen und peinlichen Diskussion darüber, was denn nun „Defensivwaffen“ seien. Dabei sollte man nicht dem Trugschluss erliegen, dass diese Widersprüche die Wählerschaft der Grünen schmälern würde. Die Grüne Wählerschaft zeichnet in weiten Teilen dieser Widerspruch zwischen hohen moralischen Werten in Worten und einer knallharten reaktionären Politik vielmehr aus.

Wenn es darum geht, die tatsächliche politische Agenda der Grünen-Führung zu dechiffrieren, ist es notwendig, sich das Geflecht anzusehen, in dem sich die Führungskräfte der Grünen und ihre Stiftung – die Heinrich-Böll-Stiftung – bewegen und wie in diesen Kreisen argumentiert wird. So sind zum Beispiel sowohl Cem Özdemir als auch Annalena Baerbock Mitglied des German Marshall Fund, einer Stiftung, die u.a. durch die US-Regierung aber auch die deutsche Bundesregierung und die Robert-Bosch-Stiftung finanziert wird. Ziel des German Marshall Fund ist die Vertiefung der transatlantischen Beziehungen zwischen den USA und Deutschland – also die Stärkung der NATO-Achse Washington–Berlin. Strategien, die in solchen Netzwerken der Herrschenden vertreten werden, entsprechen in der Regel eher der politischen Orientierung einer Parteiführung als blumige Wahlprogramme. In diesem Sinne ist auf eine Erklärung unter dem Titel „Transatlantisch? Traut Euch!“ hinzuweisen, die unmittelbar nach der Kür Bidens zum US-Präsidenten Anfang des Jahres erschien. Diese Erklärung wurde von einem breiten Kreis transatlantischer Kräfte wie Mitgliedern der Atlantik-Brücke, dem besagten German Marshall Fund und eben auch der Grünen Heinrich-Böll-Stiftung bzw. deren Vorstand, Ellen Ueberschär, die den Hauptinitiatoren des Aufrufs zählt, veröffentlicht. In dieser Erklärung wird in Bezug auf die Aufgaben der NATO Klartext gesprochen, wenn es heißt:

„Angesichts der neuen geostrategischen Lage braucht die Sicherheitspartnerschaft, der Glutkern des transatlantischen Verhältnisses, eine Neue Übereinkunft: Die europäischen Nato-Staaten – mit Deutschland an erster Stelle – erhöhen ihre Fähigkeiten zur konventionellen Verteidigung erheblich. Dadurch entlasten sie die USA in Europa und erleichtern es ihnen, im Indo-Pazifik die Interessen der liberalen Demokratien zu schützen. Im Gegenzug bekräftigen die USA ihr Bekenntnis zur Verteidigung des Bündnisgebietes. Sie untermauern dies durch ihre dauerhafte militärische Präsenz in Europa sowie durch ihre nukleare Schutzzusage, die Deutschland durch die Nukleare Teilhabe unterstützen sollte, solange es Nuklearwaffenstaaten außerhalb der Nato gibt.”

Das liest sich wie eine direkte Anleitung zum Dritten Weltkrieg.

Ich möchte es an dieser Stelle deutlich sagen: Selbst die AfD – zum Beispiel in der Person Alexander Gauland – verfolgt eine weniger aggressive Außenpolitik in seinen Äußerungen. Dabei ist die AfD weit weg davon, eine Friedenspartei zu sein, sondern reiht sich ein in die NATO-Kriegstreiberparteien Deutschlands. Aber ihr Bekenntnis zur NATO und auch zur Aufrüstung der Bundeswehr nach NATO-Kriterien begründete ihre Führungsfigur Gauland z.B. mit der Notwendigkeit, den Einfluss auf die USA zu erhöhen, um Spielräume für eine weniger konfrontative NATO-Politik zu schaffen. Ich will nicht bestreiten, dass das alles das Geschwätz eines Oppositionspolitikers ist, der keine Regierungsverantwortung hat. Aber fest steht auch: Zu dieser weniger aggressiven Haltung ist die Grüne Spitze als Oppositionskraft auch in ihren Sonntagsreden nicht bereit. Denn wenn es um Russland und China geht, kennen die Grünen kein Pardon. Dieser transatlantische Schaum vor dem Mund ist es unter anderem, der die Grünen als besonders reaktionäre Kraft auszeichnet.

Liebe Genossinnen und Genossen,
um die These zu unterfüttern, dass die Grünen im Bundestagswahlkampf die reaktionärste Kraft sind, gegen die sich der Hauptschlag zu richten hat, ist die Haltung zur Friedensfrage zwar eine harte Währung. Es wäre aber verkürzt, den reaktionären Charakter der Grünen einzig und allein an der Außenpolitik festzumachen. Auch hier gilt es wiederum aufzupassen und zwischen Demagogie und tatsächlichen politischen Zielen zu unterscheiden – mitunter auch zwischen Orientierungen, die schwerwiegende Auswirkungen auf die Arbeiterklasse hierzulande haben, aber so nicht sofort erkennbar sind, und sozialpolitischen Ködern, die bestimmten Teilen der Arbeiterklasse hingehalten
werden, um anzubeißen – vor allem Teile des Gewerkschaftsapparates. Im Folgenden werde ich etwas gestrafft meine These untermauern, dass die Grüne Partei die politische Partei ist, die derzeit am besten in der Lage ist, die Interessen der Monopolbourgeoisie zu Lasten der Arbeiterklasse in Deutschland abzuwälzen. Dabei konzentriere ich mich auf einen wesentlichen Aspekt, um den Rahmen des Referats nicht zu sprengen, gleichwohl ich darauf hinweisen möchte, dass hier eine weitere Ausarbeitung notwendig wäre.

Dreh- und Angelpunkt in der Programmatik der Grünen bildet unbestritten die Klimapolitik, die in Form einer deutschen Auflage des US-amerikanischen „Green Deals“ einen Frontalangriff auf die Arbeiterklasse in Deutschland darstellt. Unter dem Schlagwort des „Klimaschutzes“ setzen die Grünen eine Agenda durch, die faktisch eine forcierte Ausplünderung breiter Bevölkerungsschichten bedeutet – nicht nur, aber vor allem der Arbeiterklasse.

 

Kennzeichen dieses deutschen „Green Deals“ sind:

  • Für die Finanzoligarchie wird eine gigantische Anlagensphäre geschaffen unter dem Schlagwort der „Dekarbonisierung“. Dieser Ansatz beinhaltet als integralen Bestandteil eine Vernichtung von Produktivkräften im großen Maßstab wie die Stilllegung von Braunkohlewerken, aber auch in der Automobilindustrie durch die Umstellung auf E-Autos, deren Produktion weitaus weniger Fertigungsschritte bedarf als die Produktion von Autos mit Verbrennungsmotoren. Am Beispiel des Tesla-Werkes in Grünheide kann dabei nicht nur anschaulich beobachtet werden, dass die E-Auto-Produktion z.B. in Bezug auf den Trinkwasserverbrauch eine konkrete Umweltbelastung für eine Region darstellt (von der Förderung der Rohstoffe für die Batterieproduktion in den Herkunftsländern einmal abgesehen). Es zeigt sich jetzt bereits, dass die Umstellung der Automobilindustrie einhergeht mit einem Schleifen von Rechten der Beschäftigten, wenn Tesla z.B. bis heute Gespräche mit der IG-Metall über eine Tarifbindung schlichtweg ignoriert. Ich weise nur am Rande darauf hin, dass grüne Konzepte wie eine Absage an die Erschließung von Neubaugebieten, um eine weitere Bodenversiegelung zu verhindern, oder die forcierte Förderung der energetischen Sanierung, alles Maßnahmen sind, die die Renditenzuwächse der Finanzoligarchie im Immobilienbereich hochschnellen lässt, während es die Mieten weiter in Höhe treibt in den Metropolen – natürlich vor allem zu Lasten der Arbeiterklasse.

 

  • Die Klimapolitik der Grünen richtet sich nicht nur gegen die Arbeiterklasse aufgrund der damit einhergehenden Deindustrialisierung und somit auch Arbeitsplatzvernichtung in der Industrie. Die direkte und indirekte Subventionierung der Monopolbourgeoisie bei der „Dekarbonisierung“ der Wirtschaft geht einher mit umfassenden Verschlechterungen der Lebensverhältnisse der Arbeiterklasse und ihrer Familien. So erfolgt die Finanzierung des deutschen „Green Deals“ u.a. durch die sog. CO2-Abgabe. Gleichwohl hier immer wieder betont wird, dass es um einen sozialen Ausgleich gehe, ist davon in der Realität nichts zu sehen: Die steigenden Energiepreise landen bei den Mietern, die CO2-Preise werden schlussendlich auf alle Warenpreise draufgeschlagen und von der Bevölkerung bezahlt. Die Grünen spielen hierbei eine Vorreiterrolle: Sei es mit einer Forderung nach Einführung einer Fleischsteuer oder der jüngsten Forderung Baerbocks, den
    CO2-Preis bereits 2023 auf 60 € statt 45 € Euro zu erhöhen. Auch an dieser Stelle wird wieder deutlich: Es ist nicht so, dass andere Parteien hier keine Politik auf Kosten der Arbeiterklasse betreiben würden. Den CO2-Preis hat schließlich eine Große Koalition eingeführt. Nur es sind die Grünen, die in dieser Frage am weitesten vorpreschen und dabei mit Friday for Future eine Vorfeldbewegung haben, die immer noch eine Schippe drauflegt, wenn es darum geht, in den Geldbeutel der arbeitenden Menschen zu greifen, um eine vermeintliche Klimakatastrophe zu verteidigen – alles im Namen „DER JUGEND“. So ist bis heute bei FFF-Mobilisierungen die Forderung nach einer CO2-Abgabe von 100 € und mehr fester Bestandteil ihres Forderungskatalogs.

 

Bei alledem ist zu beachten, dass die Ideologie, die vor allem die Grünen mit der Klima-Narrativ (zu unterscheiden von einer festzustellenden Klimaveränderung) vorangetrieben haben, deshalb so gefährlich ist, weil sie tief in das Lager fortschrittlicher Kräfte wirkt. Ein Dammbruch grüner Ideologie stellt dabei die Entscheidung – übrigens nicht das Urteil – des Bundesverfassungsgerichtes dar, die Klimaziele jetzt zu verschärfen, um die Rechte der nachfolgenden Generation in der Zukunft zu sichern. So charmant und edel dieser Ansatz auch daherkommen mag: Mit dieser Argumentation kann jeder Sozialkahlschlag und jeder Eingriff in demokratische Rechte – Stichwort „Klimanotstand“ – gerechtfertigt werden. Und noch mehr: Mit diesem Ansatz lässt sich auch ein transatlantischer Aggressionskurs rechtfertigen (wofür sich FFF auch bereitwillig einspannen lässt, wie die Proteste gegen Nord Stream 2 zeigen). Ich komme in diesem Zusammenhang noch einmal auf das zuvor zitierte Papier „Transatlantisch? Traut Euch!“ unter Federführung der grünen Stiftung zurück. In diesem Papier heißt es zur Klimapolitik, dass ein gemeinsames Vorgehen der NATO-Staaten „die Dekarbonisierungsziele sowohl gegenüber der fossilen Förderpolitik der OPEC-Staaten als auch dem Energiehunger der chinesischen Wirtschaft“ sichere. Das heißt im Klartext: Die Klimapolitik soll ein geostrategisches Mittel sein, das sich gegen China richtet. Dabei ist zu beachten, dass China bei allen Bekenntnissen zu Klimazielen in absehbarer Zeit einen CO2-Ausstoß produzieren wird, der 27 % der Gesamtemissionen auf der Welt ausmacht, um seinen Energiebedarf beim Vorantreiben der Produktivkräfte zu decken – mehr als alle Industrieländer zusammen. Dabei verfolgt die Volksrepublik ein entscheidendes Ziel: Die Verteidigung und den Ausbau ihrer nationalen Souveränität gegenüber den imperialistischen Aggressoren. In diesem Sinne stellt die Klimapolitik der Grünen – wie auch ihre Boykottaufrufe gegen Nord Stream 2 zeigen, bei denen klimapolitisch argumentiert wird – eine neu aufgelegte Form einer neokolonialen Politik dar. Hier wie an anderen Beispielen zeigt sich, wie sich hinter der Maske der Humanität der Grünen die hässliche Fratze des Imperialismus zum Vorschein kommt. Den Grünen diese Maske im Bundestagswahlkampf abzureißen, kompromisslos Partei zu ergreifen für die arbeitenden Menschen, die im Fadenkreuz der grünen Politik stehen, zu verhindern, dass die Grünen die Bundestagswahl für sich entscheiden – darin drückt sich die die antimonopolistische Orientierung der DKP im Bundestagswahlkampf aus. Und Genossinnen und Genossen: Ich will nicht behaupten, dass wir auf diese Weise bahnbrechende Wahlergebnisse einfahren werden, aber ich habe schon jetzt die Erfahrung gemacht: Wenn wir als DKP die Grünen mit ihrem Menschenrechtsimperialismus angreifen und entlarven, sorgt dies nicht nur für Klärung unter den fortschrittlichen Kräften, was eigentlich Antifaschismus heute heißt – es erhöht auch merklich die Zahl derer, die bereit sind, mit uns über eine Abwehr der Angriffe der  Monopolbourgeoisie zur Sicherung des Friedens zu diskutieren. Wenn uns das gelänge im Bundestagswahlkampf, können wir m.E. bereits eine positive Bilanz ziehen, die über das olympische Motto „Dabeisein ist alles“ hinausginge. Und wo – wenn nicht im Bundesland der grünen Bundeskanzlerkandidatin – könnten wir als Kommunisten mehr in der Pflicht stehen, den grünen Kriegstreibern Paroli zu bieten?

Männe Grüß