Atom, Kohle und… Geld

Atom, Kohle und… Geld

14. März 2016

 

Redebeitrag von Engelbert Prevorcic, DKP Siegen – Olpe – HSK, zur Lennestädter Mahnwache im Gedenken an Tschernobyl und Fukushima am 11. März 2016

Aus Anlaß der beiden Jahrestage wurde ich gebeten, als Mitglied im Arbeitskreis „Energie+Umwelt“ der Lokalen Agenda Lennestadt zur Situation der Energiepolitik zu sprechen. Dies ist keine Stellungnahme des Arbeitskreises, sondern meine persönliche Sicht. Nach über 15 Jahren Zusammenarbeit kann ich aber sagen, daß die Mitstreiter dort ähnliche Auffassungen vertreten.
Die Stromerzeugung durch Kernspaltung ist ökologisch katastrophal – dazu brauche ich hier nicht weiter zu argumentieren. Die Stromerzeugung durch Kernspaltung ist aber auch ökonomisch uninteressant, das heißt, alle gesellschaftlichen Aufwendungen zusammengenommen übersteigen den Wert der erzeugten Elektroenergie. Und zwar bei weitem!
Letzte Woche hat eine Kommission unter Vorsitz von Trittin, Platzek und von Beust festgestellt, daß die angesparten Rücklagen der Atomkonzerne (38 Mrd €) nicht ausreichen werden, um die Anlagen abzubauen. Welche Tricks und Umgründungen man auch durchführen wird, bezahlen wird die Allgemeinheit. Bereits die Entwicklung der Anlagentechnik in den 50ern und 60ern wurde weitgehend von der Gesellschaft geleistet. Das alte Prinzip: Profite privatisieren und Verluste sozialisieren.

Dabei ist das größte Faß bisher noch gar nicht aufgemacht: Die Lagerung des strahlenden Abfalls. Weder gibt es in unserem Land eine akzeptable Lagerstätte noch eine ungefähre Ahnung über den Aufwand. Wir Menschen können uns einfach keine Vorstellung machen – von den notwendigen Zeiträumen. 100.000 Jahre auf Atommüll aufpassen; dagegen ist unsere Lebensspanne wirklich nur ein Wimpernschlag.
Es ist eine riesige Aufgabe, die Büchse der Pandora wieder zu schließen, weil weltweit über 400 Reaktoren Strom erzeugen und wegen etlichen weitere militärischen Produkten, die unsere Gattung an einem Tag auslöschen können.

Das zweite große Standbein der Stromerzeugung, die Verbrennung von fossilen Kohlenstoffen ist ökologisch ähnlich katastrophal und auch ökonomisch ähnlich uninteressant: Sie zerstört lang-fristig unsere Lebensgrundlagen. Zudem ist sie ein Tummelplatz für staatsmonopolistischen Kapitalismus, sprich das Zusammenspiel von Großkapital und Politik. Ja, ich behaupte hier die Käuflichkeit von politischen Entscheidungsträgern, besonders in energiepolitischen Fragen. Gerade weil es gesamtgesellschaftlich uninteressant ist, weiter Kohle zu verstromen, sorgen die Lobbyisten für Gesetzte, die die Erneuerbaren behindern.

Denn betriebswirtschaftlich, unter Ausblendung der gesellschaftlichen Kosten, waren die alten Kraftwerke für die Stromkonzerne eine Lizenz zum Gelddrucken. Durch immer mehr günstigen Ökostrom geraten die Renditen unter Druck; deshalb bremst Gabriel die Energiewende aus. Die bilanztechnische Abwertung der EON-Kraftwerke kürzlich zeigt: Kohle und Atom sind nicht mehr konkurrenzfähig.
Die Subventionierung der Großindustrie durch die Kleinverbraucher im Fall der Ökostromabgabe ist eine richtiger Skandal. Mehr als zweitausend, oft hochprofitable Betriebe wurden davon befreit. Zu den Spekulationen mit CO2-Zertifikaten nur ein Satz: Als neoliberale Schnapsidee gestartet, als organisiertes Verbrechen gelandet; sozusagen als Bettvorleger der Finanzindustrie.

Alle Beispiele zeigen: Die Energiewende hat kaum Probleme mit der Technik, dafür hat sie umso mehr mit der Kapitalverwertung!

Es wird jetzt Zeit, die Kurve zum Positiven zu kriegen: Ideal wäre eine Energieversorgung, die erneuerbar und dezentral, sparsam und effizient, sozial und ethisch ist. Technisch , wie gesagt, gar nicht so anspruchsvoll, wenn auch nicht ohne tiefgreifende Umstrukturierungen. Es wäre vor allem in dezentrale Erzeugung und in Speicherung zu investieren. Die schon länger vorhandene sanfte Technik muß jetzt überall massenhaft eingesetzt werden.
Da dezentral, sozial und ethisch mit großen Kapitalgesellschaften und und besonders mit TTIP kaum zu haben sein wird, macht man das am besten in kommunalem oder genossenschaftlichem Eigentum. Denn die neoliberalen Privatisierungen der Daseinsvorsoge haben sich bekanntlich nicht bewährt. Und Profitmaximierung hat da auch nichts zu suchen.
Leider wurde beim letzten mal die Möglichkeit der Übernahme des Stromnetzes durch unsere Kommune nicht genutzt, damit hätte man mehr Unabhängigkeit von den Großstrukturen einleiten können. Beim nächsten mal gelingt das hoffentlich.

Die eben skizzierte ökologische Energieerzeugung wäre nachhaltig, das heißt immer wiederholbar, völlig ungiftig und spätestens nach Amortisation der Anlagen sogar richtig günstig: Man braucht nämlich keinen Brennstoff mehr.

Wie der Publizist Franz Alt damals im Eröffnungsvortrag der Lokalen Agenda Lennestadt treffend sagte:

„DIE SONNE SCHREIBT KEINE RECHNUNG!“

Das gefiel mir gut als Schlußwort.